Dass Realtime Advertising der Hit ist und wir diese Form des Display Marketing intensiv nutzen sollten, weil Programmatic Buying die Zukunft des Mediabuying ist, wissen wir alle. Und zwar schon lange! Trotzdem findet man bisher erstaunlich wenig konkrete Tipps und Beiträge zur Optimierung von Realtime-Advertising- und insbesondere von Realtime-Bidding-Kampagnen. Deshalb stellen wir euch heute die „best practices“ für CPC-Kampagnen im auktionsbasierten Echtzeitgeschäft von Brent Dunn vor, die für den ein oder anderen Aha-Effekt sorgen können.
Ausgangspunkt für Dunns Überlegungen ist, dass viele Werbetreibende die Erhöhung ihres CPC-Gebots für die einzige Möglichkeit halten, um das Traffic-Volumen einer (erfolgreichen) RTB-Kampagne zu steigern. Allerdings ist das Gebot nur ein Faktor unter vielen, der Einfluss auf die Anzeigenplatzierung hat. Hinzu kommt, dass diese Vorgehensweise in erster Linie eines zur Folge hat: Dass Advertiser sich gegenseitig hochbieten und die Klickpreise im RTB in astronomische Höhen schießen. Um diesem rein preisgetriebenen Wettbewerb zu entgehen und seine Kampagnen sinnvoll aufsetzen zu können, muss man sich vorab die Funktionsweise einer Echtzeitauktion vor Augen führen.
Was bei einer Echtzeitauktion abläuft
Grundsätzlich ist die zugrundeliegende Technologie einer jeden Realtime-Bidding-Plattform nichts anderes als ein Ad Server. Dieser berechnet, welche Anzeige auf dem Zielinventar ausgespielt wird, noch bevor die Seite auf dem Device des Users vollständig geladen ist. Sobald der Gewinner gefunden ist, erscheint die Anzeige und der Werbetreibende zahlt für die Impression – der Preis der Impression ist also, wie erwartet, ein wichtiger Faktor.
The new kid in town: eCPM (estimated cost per thousand impressions)
Von den meisten Ad Servern wird für die Berechnung des Ranking der eCPM (in diesem Zusammenhang nicht die effektiven Kosten pro 1.000 Impressionen, sondern die voraussichtlichen Kosten pro 1.000 Impressionen), zugrunde gelegt. Bei einer CPM-Kampagne lässt er sich leicht bestimmen, denn bei einem CPM-Gebot von 1 € beträgt auch der eCPM 1 €.
Für CPC-Kampagnen gestaltet sich die Berechnung des eCPM etwas aufwändiger:
CPC-Gebot: 0,15 €
CTR bei 1 %.
In diesem Fall würde man bei 1.000 Impressionen durchschnittlich 10 Klicks für 0,15 €/Klick erhalten. Der eCPM läge bei 1,50 €, denn die Formel setzt sich wie folgt zusammen:
1.000 * CTR * CPC = eCPM
1.000 * 0,01 * 0,15 € = 1,50 €
Man würde also bei gleichbleibenden Bedingungen im obenstehenden Beispiel die Auktion mit einem CPC-Gebot von 0,15 € gewinnen. So weit, so gut. Aber: Wenn die CTR nun beispielsweise auf 0,5 % sinkt, würde man die Auktion verlieren, denn dann läge der eCPM nur noch bei 0,75 €:
1.000 * 0,005 * 0,15 € = 0,75 €
Also was tun? Die meisten Werbetreibende würden in so einer Situation vermutlich ihr CPC-Gebot erhöhen, um wieder mithalten zu können, während manche die Kampagne um neue Creatives (sprich Banner oder Videos) erweitern und auf bessere Klickraten für diese hoffen würden.
Brent Dunns Handlungsempfehlung ist deutlich rigoroser, denn für ihn ist eine Kampagne ab dem Punkt, an dem der eCPM sinkt und man Anzeigenpositionen verliert, schlichtweg tot. Seine Haltung begründet sich darauf, dass man, wenn die Klickrate bereits anfing zu sinken, als man noch Anzeigenposition eins inne hatte, nicht viel Fantasie braucht, um sich vorzustellen, wie sich die CTR auf niedrigeren Anzeigenposition entwickelt. Dementsprechend macht es für ihn keinen Sinn, weiteres Budget in eine Abwärtsspirale zu investieren, in der die Klickraten immer schlechter und die Klickpreise immer höher werden.
eCPM im Kampagnen-Set-Up
Wir wissen jetzt also, was wir tun – bzw. nicht tun – sollen, wenn der eCPM einer laufenden RTB-Kampagne sinkt. Aber glücklicherweise gibt es außer Schadensbegrenzung auch noch andere best practices, an die man sich halten kann. Den Grundstein für den Erfolg einer Kampagne kann man nämlich bereits im Set Up legen, gerade in Hinblick auf den eCPM.
Der aufmerksame Leser wird sich jetzt fragen, wie das vonstattengehen soll, wenn sich der eCPM teilweise erst aus Performance-Daten (der CTR) errechnet. Und da hat der aufmerksame Leser vollkommen Recht, denn in dem Moment, in dem ich meine Kampagne aufsetze, kann die RTB-Plattform meinen eCPM noch nicht kennen! Aber sie wird versuchen, ihn schnellstmöglich zu ermitteln, um meine (voraussichtliche) Kampagnen-Performance im Vergleich zu der der Konkurrenz bewerten zu können. Dafür kommt der sogenannte „Multi-Armed Bandit Algorithmus“ zum Einsatz.
Kernaussage des Multi-Armed Bandit Algorithmus
Den Algorithmus und seine Berechnung detailliert darzulegen, würde den Rahmen des Artikels sprengen und meine stochastischen Fähigkeiten übersteigen, deshalb begnügen wir uns hier mit einer vereinfachten Zusammenfassung:
Da es das Ziel ist, die bestmögliche Performance zu erzielen, leiten Multi-Armed Bandits den größten Traffic-Anteil an die derzeit beste Option (also den aktuellen Gewinner), was als „Exploitation“ (dt.: Ausbeutung, Schröpfen) bezeichnet wird. Weil gleichzeitig aber immer die Möglichkeit besteht, dass noch eine bessere Option existiert, wird auch ein – deutlich kleinerer – Teil des Traffic in die Suche nach eben solchen Alternativen investiert. Dies nennt man dann „Exploration“, also Erforschung oder Erkundung. Und hier wird es spannend, denn diese Verteilung kann man sich im Set Up seiner RTB-Kampagne zunutze machen.
Viel hilft viel!
Die Grundlage aller RTB-Kampagnen stellen die Creatives dar, die jeweils als Anzeige fungieren und auf die sich der zu kalkulierende eCPM bezieht. Deshalb sind sie auch der Ansatzpunkt für eine optimale Kampagnenerstellung. Am einfachsten lässt sich dies wieder an einem Beispiel verdeutlichen: Angenommen, wir haben drei Advertiser A, B und C, von denen Advertiser A der aktuelle Gewinner ist. Das zur Verfügung stehende Traffic-Volumen wird zu 90% für die Exploitation und zu 10% für die Exploration genutzt. Wenn alle drei Advertiser jeweils nur ein Creative nutzen, sieht die Verteilung wie folgt aus:
A: 90 %
B: 5 %
B: 5 %
Wenn in einem zweiten Szenario Advertiser A der Gewinner bleibt und er und C weiterhin ein Creative nutzen, während sich in Bs Kampagne aber neun Creatives befinden, würde sich die Verteilung des Traffic aufgrund des Multi-Armed Bandit-Algorithmus zugunsten von B verschieben:
A: 90 %
B: 9 %
C: 1 %
Zum Glück ist man aber nicht im Nachteil, wenn man nur über ein Creative verfügt, denn schließlich kann jedes Creative beliebig oft als Anzeige eingebucht werden! Die RTB-Plattform und der dahinter stehende Ad Server können nicht unterscheiden, ob sie inhaltlich identisch sind oder nicht. Ergo können wir unsere Chancen in der Exploration-Phase durch eine größere Anzeigenanzahl erhöhen, die sich leicht durch das Mehrfacheinbuchen der Creatives erzielen lässt.
Hinzu kommt noch ein weiterer positiver Seiteneffekt: Bei der oben beschriebenen Vorgehensweise besteht ebenfalls die Chance, dass die CTR eines Creatives – allein durch Zufall – nicht nur besser wird als die seiner Klone, sondern sogar alle anderen überflügelt und trotz eines viel niedrigeren CPC-Gebots zum neuen Gewinner wird. Mehr Anzeigen bedeuten also nicht nur einen potenziell größeren Traffic-Anteil, sondern auch eine größere Wahrscheinlichkeit, auf Anzeigenplatz eins zu kommen.
Kampagnen unterteilen
Auch sollten Kampagnen sinnvoll (!) unterteilt und nicht das gesamte Monatsbudget auf nur ein Set Up verwendet werden. So kann man zum einen die Anzeigenanzahl noch weiter erhöhen (denn das Creative wird ja in jeder Kampagne mehrfach eingebucht), aber zum anderen auch gleich einen Split-Test für unterschiedliche Placements, Zielgruppeneigenschaften oder sonstige Targeting-Optionen integrieren.
Möchte man verschiedene Creatives gegeneinander testen, sollte ebenfalls für jedes eine eigene Kampagne erstellt werden, in der das Banner dann zehnmal eingebucht wird.
Es muss nicht immer das Top-Gebot sein
Zu dem eingangs erwähnten „don’t“ (nicht das CPC-Gebot erhöhen, wenn der eCPM aufgrund der CTR sinkt) kommen hier noch ein paar weitere „dont‘s“ hinsichtlich der Gebotsstrategie:
Grundsätzlich hält Dunn es für falsch, das Top-Gebot schlagen zu wollen, denn man weiß schließlich nie genau, womit man konkurriert. Vielleicht bezieht sich das Top-Gebot nur auf einen bestimmten Browser oder ein bestimmtes Placement, oder das Gebot kommt von einer Brand-Kampagne, für die die Performance (und somit die Kosten) eine untergeordnete Rollte spielt. Der Versuch, Höchstbietender sein zu wollen, kann dann schnell in einem sehr kleinen Restbudget enden.
Stattdessen steigt Dunn bei seinen Kampagnen mit dem kleinstmöglichen Gebot ein und wartet ab, was er sowohl quantitativ als auch qualitativ für diesen Preis bekommt. Erhöht wird das Gebot nur, wenn kein Traffic zu diesem Preis verfügbar ist.
Wenn die Kampagne läuft, sollte man CPC-Gebot und CTR aufschreiben, um die Entwicklung nachhalten zu können und Referenzwerte für spätere Kampagnen zu haben. Nach einiger Laufzeit wird die Kampagne, egal wie erfolgreich sie war, durch den natürlichen Verlauf schwächer werden und immer weniger Traffic bekommen. Und hier kehren wir nun wirklich wieder zum Beginn des Artikels zurück, denn wenn das passiert, sollte man nicht sein CPC-Gebot erhöhen! Besser ist es, die Kampagne zu kopieren, sodass die Kopie erneut in die Exploration-Phase eintreten kann, wo dann als „neue“ Kampagne wieder Chancen auf Traffic und gute Klickraten bestehen.
Optimierung im RTB: Gewusst wo!
Was man immer bedenken sollte, ist, dass Realtime Bidding vollständig auf Algorithmen beruht. Wie genau diese aussehen und auf welche Weise sich die einzelnen Faktoren gegenseitig beeinflussen, lässt sich nicht vorhersagen. Deshalb lautet Dunns abschließende Empfehlung, Optimierungsmaßnahmen nicht in laufenden Kampagnen vorzunehmen. Die Gefahr, dass sich Veränderungen negativ auf den eCPM und damit auf die Ad Server-Position auswirken, ist groß. Aus diesem Grund sollte man immer die zu optimierende Kampagne klonen beziehungsweise. kopieren und die Maßnahmen an der neuen Kampagne durchführen, nicht am Original. So lässt sich auch direkt erkennen, ob die Veränderungen zu einer Verbesserung geführt haben oder nicht.
Die best practices im Überblick
- Je mehr Anzeigen, desto größere Chancen auf einen hohen eCPM Creatives mehrfach nutzen!
- Die Segmentierung von Kampagnen erhöht die Chance, neue Gewinner aufzutun (und durch Split-Test schlechtere Set Ups schneller zu identifizieren)!
- Nicht an laufenden Kampagnen herumoptimieren; Veränderungen nur an Kopien durchführen!
Natürlich ist uns klar, dass jede RTB-Plattform ihre Eigenheiten hat und sicherlich haben viele Advertiser bereits ihre eigenen Erfahrungen gemacht und daraus Strategien gebildet. Brent Dunns Überlegungen fanden wir trotzdem absolut teilenswert, denn wir sind uns sicher, dass seine Ansichten und Erklärungen der Zusammenhänge im Realtime Bidding für viele hilfreich bei der Erstellung und Betreuung ihrer zukünftigen Kampagnen sein werden!