„Google kündigt Rückzug aus China an“, so lautet die heutige Nachricht auf Tagesschau.de. Der Spiegel veröffentlicht aktuell eine komplette Ausgabe über Google mit dem Titel „Ende der Privatheit“. Die Pressemitteilungen und Nachrichtenerstattungen von und über Google häufen sich. Auch in unserem Agentur-Team bilden sich mehrere Meinungen für den Rückzug des Suchmaschinenkonzerns aus China. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Spiegel-Ausgabe und des Ereignisses mit China, möchte ich den Blog nutzen, darüber zu berichten und eigene Gedanken zu teilen.
Die Spiegel-Autoren gehen in ihrem Google-Artikel recht scharf auf die Verletzung der Privatsphäre ein. Der US-Konzern speichert nicht nur User-Daten im Internet und verknüpft diese zu einem persönlichen Abbild der Person, die anfängliche Suchmaschine expandiert auch in den Offline-Bereich mit ihrem Handy und führt die Datenspeicherung hier fort. Der Spiegel spricht hier von der „Firma der Datenbesessenen“. Googles Leitspruch aus der Gründungszeit ist „don´t be evil“, worauf sich das „moralische“ Unternehmen immer wieder beruft. Doch brauchen und wünschen sich nur Personen mit „bösen“ Absichten eine Privatsphäre? Diese Frage zieht sich wie ein roter Pfad durch den Artikel des Hamburger Verlags. Die Zeit der „transparenten Gesellschaft“ hat begonnen. Die Welt-Kompakt verdeutlicht es durch ihre neue Werbekampagne „Sind wir reif für eine neue Zeitung?“
Diese Transparenz ist es auch, die Google in China nicht missen möchte. Der Suchmaschinenanbieter fühlt sich mit der chinesischen Zensur nicht mehr wohl und kündigt nach mehreren Hackerangriffen auf den eigenen Server den Rücktritt an, sollte die Zensur nicht aufgehoben werden.
Grundsätzlich ist die Transparenz und Datensammlung über die Google Services, wie der Spiegel es detailliert vorstellt, nicht überraschend. Das Tracking der Daten führt jedoch auch zu Möglichkeiten der Werbe- und Marketingaussteuerung, die man im Offline Bereich vermisst. Ich sehe in der, auf den User zugeschnittenden Suche mit passenden Anzeigen, für den User keinen Mehrwert, der der Datensammlung in einem ausgewogenen Verhältnis gegenüber steht. Ein Teil meiner Kollegen ist anderer Meinung. Für die Internet-Marketing-Branche ist das Potential, welches nur durch das Tracking möglich wird, enorm. Es soll natürlich nicht verschwiegen werden, dass Google trotz der mächtigen Stellung nicht alleine in der Datensammlung agiert. Dennoch geht Google durch sein großes Budget für laufende Innovationen voran – oft ungehemmt, aber doch auch „bedacht“ mit dem Grundsatz nur „Gutes“ zu wollen. So auch in China. Die große Frage, dich sich mir stellt ist, ob ein ausländisches Wirtschaftsunternehmen in einem fremden Rechtssystem mit den eigenen Unternehmensgrundsätzen den Anspruch auf politische Veränderung, beispielsweise von staatlicher Zensur, erheben sollte. Eins steht fest: In China ist die Zensur immer noch in der Staatsgewalt. Sicherlich ist die staatliche Zensur ethisch hinterfragungswürdig und aus freiheitlich denkender westlicher Sicht angreifbar.
Doch über die Rechtslage wesentlicher Zensur war sich Google bereits vor der Expansion bewusst. Könnte der Grund des Rückzugs aus China anders motiviert sein? Hier teilen sich die Meinungen: Die Marktstellung Googles als Suchmaschine ist in China nicht bedeutend groß. Die führende Suchmaschine in dem Land ist Baidu. „Googles Marktanteil stagniert bei 30 Prozent.“ (Hamburger Abendblatt,14.01.10) Nun spekulieren Fachleute, ob das Unternehmen nicht ohnehin schon aus dem chinesischen Markt aussteigen wollte und den Hackerangriff als PR-Maßnahme genutzt hat. Eines ist jedoch eindeutig: Einen großen wirtschaftlichen Schaden wird Google zurzeit aus dem Rückzug nicht ziehen. Dies könnte in der Zukunft schon ganz anders aussehen. China ist ein wachsender Absatzmarkt und die Rückkehr von Google in das Land wird durch den nicht allzu stillen Rückzug erschwert sein.